Von einer solchen Reinheit und Weisheit des Herzens ist im Christentum immer die Rede gewesen. Die Bibel gibt an zahlreichen Stellen Hinweise in diese Richtung, so bereits im Alten Testament beispielsweise in Psalm 51,12:
«Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist.»
Während allerdings im Alten Testament die Weisheit und Reinheit des Herzens als von Gott gegeben, also als eine Gottesgabe empfunden wird, so geht es im Neuen Testament darum, dass der Mensch die Reinheit des Herzens durch Meditation und Gebet selbst herstellen bzw. sich die Weisheit des Herzens eigenständig erarbeiten muss.
In dieser Seligpreisung der Bergpredigt werden wir darauf hingewiesen, wie das reine Herz zu einer durch den Menschen selbst herzustellenden Voraussetzung wird, um Gott „schauen“ – also erkennen – zu können.
„Dieser Satz ist zwar kurz, aber voller Sinngehalt und einer unendlichen Sanftheit. Er erscheint der Seele wie eine Traube. Die Seele, die dieses bedenkt, sagt sich: Dieses Wort wird mir guttun. Konzentriere dich, oh mein Herz, versuche zu verstehen und vor allem diese Reinheit zu finden. Oh, wie wertvoll und erstrebenswert muss diese Reinheit sein, denn sie reinigt jene, bei denen sie einkehrt und enthält das Versprechen der göttlichen Schau und des ewigen Lebens, welche die heiligen Schriften ohne Unterlass beständig preisen. Also erfüllt der Wunsch zu verstehen die Seele, die diese Traube nunmehr in Besitz nimmt, in Stücke schneidet und in die Presse legt, wobei sie zu ihrem Geiste spricht: Sieh hin und untersuche genau, was das ist, und sage mir, wie ich diese Reinheit des Herzens, die so wertvoll und erstrebenswert ist, erreichen kann.“ (Brief über das kontemplative Leben. Die Stufenleiter der Mönche, um 1150)